Trischen
Trischen ist eine ca. 180 ha große Insel vor der Meldorfer Bucht, etwa 14 km vor der Dithmarscher Nordseeküste, die Entfernung zum Trischendamm beträgt 12 km. Die Insel gehört zur Gemeinde Friedrichskoog. Sie ist nur von März bis Oktober von einem Vogelwärter oder einer Vogelwärterin des Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) bewohnt, für andere Menschen besteht Besuchsverbot.
Trischen wird von Vögeln als Brut- und als Rastplatz besucht, von einigen Arten wie Brandgänsen, Knutts oder Alpenstrandläufern sind zeitweise bis zu 100.000 Exemplare auf der Insel sowie den angrenzenden Wattenmeergebieten zu finden. Seit 1985 liegt Trischen in einer Kernzone des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. |
Geografie Die Insel liegt inmitten einer Kette von Hochsanden, die sich an der deutschen Nordseeküste von der Eider- bis zur Wesermündung hinziehen. Westlich der Weser gehen diese in die Ost- und Westfriesischen Barriereinseln über. Direkt nördlich der Insel liegen die beiden Hochsande Tertius und Blauort, südlich liegen Scharhörn und Nigehörn in der Elbmündung. Trischen besteht aus von der Meeresströmung über den Hochwasserstand angehäuftem Sand. Im Westen sowie an Nord- und Südspitze befinden sich bis zu 3 m hohe Dünen, denen eine Sandplate vorgelagert ist, im Osten haben sich Salzwiesen gebildet. Das Wasser trägt aufgrund der Strömungsverhältnisse im Westen beständig Sand ab, an der Ostseite bildet sich hingegen neues Land. Die Insel wandert somit jährlich 30 bis 35 m nach Osten, wobei die Sichelform erhalten bleibt. Zwischen der Ostküste und dem Festland liegt das Wattenmeer. Derzeit wandert Trischen jedoch direkt auf zwei große Priele zu (das Bielshövener Loch und das Neufahrwasser). Im Jahr 1884 ergaben Inselvermessungen 66 ha Salzwiese und einen 1.500 m breiten Strand. 1906 war die gesamte Insel nur noch 1.500 m breit, die Fläche betrug insgesamt 736 ha (davon 24 ha Dünen). Bis 1921 war der Strand bis auf 250 m Breite geschrumpft. Trischen hat sich so seit der Entstehung 4 km auf die Festlandsküste zu bewegt, bei gleicher Geschwindigkeit träfe die Insel so in ca. 400 Jahren auf Büsum. Derzeit nimmt die Fläche der Insel stetig ab und beträgt nur noch ein Viertel der Größe, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts hatte. Allein in der Zeit von 2000 bis 2007 verlor Trischen 20 ha. Bei Sturmfluten wird sie regelmäßig überschwemmt, lt. NABU treten Überschwemmungen in den letzten Jahren häufiger auf, auch die Höhe hat zugenommen. |
Natur Auf der Insel brüten etwa 15.000 bis 20.000 Vogelpaare, bis zu 330.000 Zugvögel rasten auf der Insel. Der Vogelwart zählte im Jahr insgesamt 158 verschiedene Vogelarten. Vorherrschende Brutvögel sind verschiedene Möwenarten, die zwischenzeitlich etwa 80 % des Brutbestandes ausmachen. Bis in die 80er Jahre wurden die Möwen von den Vogelwarten bekämpft, da diese die Seeschwalben ausräubern. Fluss-Seeschwalben stellten zu Beginn ständiger menschlicher Beobachtung mit ca. 9.500 Tieren die größte Brutvogelgruppe auf Trischen. Die Bestände schwankten in den 60er und 90er Jahren stark, seit 1992 sind sie auf weniger als 500 Paare gesunken. 1955 siedelte sich eine Kolonie Brandseeschwalben an, der Brutbestand betrug bis zum Jahr 2000 zwischen 3.000 und 4.000 Paare jährlich. In den letzten Jahren siedeln sich jedoch überhaupt keine Brandseeschwalben mehr auf der Trischen an. Neben Möwen und Schwalben wurde 1999 erstmals ein Paar Wanderfalken gesichtet, seit 1995 brüten auch eine Kolonie Kormorane auf der Insel. Kleinere Kolonien bestehen auch an Nonnengänsen, Austernfischern und Löfflern. Auf Trischen gibt es insgesamt etwa 400 Insektenarten, die den ungefähr 115 Spinnen- und Käferarten als Nahrung dienen. In direkter Umgebung der Insel halten sich regelmäßig Seehunde, Kegelrobben und Schweinswale auf. Kaninchen, die von Menschen auf die Insel gebracht wurden und bis 1960 Trischen fast kahlgefressen hatten, wurden durch die Sturmflut von 1962 komplett ausgerottet. In den Jahren 2005/06 wurden auf Trischen insgesamt 99 verschiedene Pflanzenarten bestimmt. Der größte Teil der Insel ist von Salzwiesenpflanzen bewachsen. Auf der Westseite erstreckt sich eine mehrere km lange Dünenkette, die eine Höhe von ca. 3 m erreicht. |
Geschichte Trischen entstand vor etwa 400 Jahren aus aufgespülten Sanden, diese erhoben sich schließlich dauerhaft über die Flutlinie. Gerichtsakten aus den Jahren 1610 und 1645 erwähnen Trischen erstmals urkundlich. Die erste Karte führt die Insel in Jahr 1705 erstmalig unter dem Namen Buschsand. Anhand der alten Karten war Trischen damals etwa viermal so groß wie heute und anfangs auch bewachsen. Um das Jahr hat sich die bewachsene Insel wohl wieder zu einer Sandbank zurückgebildet, welche für die Bevölkerung v. a. wegen strandender Schiffe (und damit einhergehendem Strandgut) interessant war. Ab 1850 und hauptsächlich zwischen 1882 und 1894 hat sich mit großer Wahrscheinlichkeit eine starke Auflandung ereignet. Die drei Sandbänke Polln, Buschsand und Riesensand wuchsen zur Insel zusammen, nachfolgend bildeten sich Dünen, die bis zu 5 m über den Hochwasserstand hinausgingen. In deren Schutz konnten sich Salzwiesen etablieren. Der Name Trischen setzte sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch. Nachdem Trischen lange Zeit zwischen dem dänischen Kreis Süderdithmarschen und dem schleswig-holsteinischen Kreis Norderdithmarschen umstritten war, wurde die Frage mit der Schleswig-Holsteinischen Besitzergreifung durch Preußen bedeutungslos. Zuständig war nun der preußische Staat, der im Jahr 1868 Arbeiter nach Trischen schickte, um Landgewinnung zu betreiben. 1895 ließ Preußen Sommerdeiche, eine Tränke und eine Hütte errichten. Die Insel sollte danach als Schafweide verpachtet werden. Im Folgejahr zog der erste Pächter auf die Insel und ließ dort 200 Schafe weiden. Bereits 1897 wurde der Sommerdeich zu einem 5,46 m hohen Ringdeich aufgestockt, innerhalb entstand ein Steinhaus. Bereits 1899 überschwemmte eine Sturmflut auch diesen Deich, weshalb Trischen zunächst nicht mehr landwirtschaftlich zu nutzen war. Um das Jahr 1900 entwickelte sich die Insel zum Lieblingsgebiet von Eiersammlern und Vogeljägern, damals wurden Tausende Brandenten erschlagen, die sich flugunfähig in der Mauser befanden. Eine Schutzbewegung versuchte danach, die Seevögel zu schützen. Landrat Johannsen erklärte die Insel 1909 zu einem Vogelschutzgebiet und ließ dort Vogelwächter stationieren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden sich nur zeitweise Pächter, 1920 wollte der Freistaat Preußen 80 Arbeitslose einsetzen, um auf der Insel einen neuen Sommerdeich zu errichten, was jedoch schon bald wegen finanzieller Probleme aufgegeben wurde. 1922 unterschrieb der Hamburger Unternehmer Jürgen Brandt einen langfristigen Pachtvertrag für Trischen. Er deichte bis 1925 einen 78 ha großen Koog auf dem Gebiet der Insel ein, um diese dauerhaft vor der See zu schützen. Er baute Roggen, Weizen, Hackfrüchte und Klee an und nutzte den Rest der Insel als Weideland. Er erbaute den Luisenhof als Wohnraum, zur Stromversorgung dienten ein Dieselaggregat und en Windrad neben dem Haus. Brandt musste jedoch kurz vor Beendigung des Projekts Konkurs anmelden und die gesamten Inselbauten fielen an den Staat. Im Jahr 1926 pachtete die Stadt Altona die Insel und versuchte sich an der Landwirtschaft. Bereits die erste Ernte fiel so erfolgreich aus, dass Altona im Jahr 1927 die mit 6.800 m² größte Scheune Dithmarschens errichtete, ebenso ein Kinderheim für junge Mädchen. Zwischen 1927 und 1930 quartierte Altona Künstler in dem Steinhaus auf der Insel ein. Die folgenden Ernten fielen jedoch wesentlich schlechter aus, 1930 brach direkt hinter den Dünen der Deich, und der Koog lief mindestens zwölfmal komplett mit Salzwasser voll. Somit fehlte wiederum die Grundlage für die Landwirtschaft. Erst der Dithmarscher Bauer Hermann Dreeßen konnte den Ertrag wesentlich vergrößern und es gelang ihm über mehrere Jahre, die Landwirtschaft mit Gewinn zu betreiben. Nach einer heftigen Sturmflut am 18.10.1936 wurden keine intensiven Küstenschutzmaßnahmen mehr betrieben. Nach einem Sturm im Jahr 1943 brachen die Deiche an mehreren Stellen, womit Landwirtschaft für mehrere Jahre unmöglich erschien. Erst in den Nachkriegsjahren 1946 und 1947 lebte wieder eine Ehepaar mit seinen Kindern und einer kleinen Schafherde auf Trischen. Als auch diese die Insel verließen, war der letzte Versuch einer landwirtschaftlichen Nutzung beendet. |
Besonderheiten Die meisten Gebäude der Insel Trischen sind mittlerweile wieder im Meer versunken. Der Anleger, der zu Koogzeiten im äußersten Osten der Insel gebaut wurde, befindet sich heute in der Nähe des Weststrands im Meer, ebenso wie die 1976 gebaute und 2001 ersetzte Hütte des Vogelwärters ein Opfer der Wellen wurde. Allein die Bake, die als Seezeichen diente, musste zwischen 1890 und 1996 fünfmal versetzt werden. Als diese 1996 erneut im Meer zu versinken drohte und wegen des technischen Fortschrittes in der Navigationstechnik als Seezeichen nicht mehr benötigt wurde, erfolgte der endgültige Abbau. Heute steht sie in der Seehundstation Friedrichskoog als "Trischentonne". |