Ree-Rin
Rilke, Rainer Maria | [ österreichischer Dichter ] |
Anmut ist ein großer Glanz von innen
Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein / gib ihnen noch zwei südlichere Tage, / dränge sie zur Vollendung hin und jage / die letzte Süße in den schweren Wein
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, / der sich im allerkleinsten Kreise dreht, / ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, / in der betäubt ein großer Wille steht
Herr: es ist Zeit Der Sommer war sehr groß / Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, / und auf den Fluren laß die Winde los
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille / sich lautlos auf - Dann geht ein Bild hinein, / geht durch der Glieder angespannte Stille - / und hört im Herzen auf zu sein
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe / so müd geworden, daß er nichts mehr hält / Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe / und hinter tausend Stäben keine Welt
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr / Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, / wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben / und wird in den Alleen hin und her / unruhig wandern, wenn die Blätter treiben